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Albrecht Duwe

Essen im November 2000

[Arheiligenbesuch in Damerau]

Essen 2000



Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text Bericht auf 4 DINA 4 Seiten mit Bildern


Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.

[1] Damerau beschäftigt mich nach wie vor und ich sammele, solange es mir vergönnt ist, weitere Erkenntnisse um das Dorf.

1994, anläßlich einer "Fahrt durch das Kulmerland" (Bericht vom 17.10.94) sah ich es erstmalig wieder, Tochter Heidemarie und ihren erwachsenen Sohn Jörn zur Seite, und wir standen u.a. auf dem Schön'schen Hof, dem fast täglichen Ziel meiner kindlichen Entdeckungsreisen vor 80 Jahren.

Wir betrachteten das alte Schulzenhaus, in dem seit 1841 drei Generationen der Familie das Licht der Welt erblickt haben, so auch meine Mutter. Es war wohl noch bewohnt, aber verkommen. Ein Foto aus der Zeit um 1900 zeigt es gartenseitig.

Der Stall aus den Jahren 1927/28 stand gut erhalten, aber zu Wohnzwecken genutzt. Als Schuljunge habe ich in seinem frisch gerichteten, Gebälk geturnt. Der Einschuß von 1945 am Südgiebel war endlich zugemauert. Viele Jahre hatte das Riesenloch offen gestanden. Den Nordgiebel krönte inzwischen ein Storchennest. Von der alten Scheune keine Spur. Sie war schon während des Krieges niedergebrannt.

Beim nächsten Besuch Dameraus anläßlich einer Studienfahrt (Bericht "Auf den Spuren der Vorfahren" im September 1996) war das Haus Schön bereits abgerissen. An seiner Stelle stand ein zweigeschossiger "Wohnwürfel". Die Polen nennen diese Bauweise "Bloki".

Seit Mitte 1999 war wiederholt der Damerauer Friedhof unser Reiseziel, denn auf ihm entstand nach meinem Plan ein Denkmal für die dort ruhenden Deutschen. Am 4. Mai 2000 begingen etwa 100 Deutsche und Polen das Fest der Einweihung. Zu fünft waren wir diesmal angereist: Heidemarie, Jörn und Annette, Freund Gernot Beier und ich. Schwiegersohn Klaus, der ebenfalls interessierte Vater der Bederkes konnte wegen seiner Krankheit nicht dabeisein. Zahllose Aufnahmen zeugen von dem Ereignis und es entstand der Bericht vom 20.Juli: "200 Jahre evg. Friedhof in Kulmisch-Damerau".

Gelegentlich der Damerau-Reisen suchten wir auch den ehemals Schön'schen Altensitz, das "Fuchs'sche hinter dem Berge" auf, denn auch mit ihm verbinden mich früheste Kindheitserinnerungen.

Das Haus stand schon verfallen und leer, ein Penner hatte sich unter dem Dach eingenistet. Die ursprüngliche Raumteilung ist seit 1945 vielfach verändert worden, so dass die Orientierung schwer fiel. Andererseits machten Lücken im Mauer- wie im Holzwerk interessante Einzelheiten der ehemaligen Bauweise sichtbar. Das weckte in mir den Wunsch, das Haus eingehender zu untersuchen und zu beschreiben, aber es bedurfte noch eines Aufmaßes.

Dafür und um einer Einladung des Damerauer Amtsvorstehers willen wagte ich eine neuerliche Reise dorthin (1000 km zweimal). Ein Treffen mit polnischen Freunden am Denkmal zu "Allerheiligen" bestimmte den Termin.

Gernot und Jörn kutschierten und waren meine fürsorglichen und umsichtigen Begleiter. Am Ort nahmen sie dann (über Stock und Stein) die erforderlichen Maße und machten ihre Fotos. Meine Begegnungen mit den polnischen Freunden auf dem Friedhof und bei dem gemeinsamen Essen waren auch ihr Anliegen.

Beeindruckt waren sie vom Besuch auf dem Gemeinde-Amt: Wir sprachen über die Zukunft des Dorfes und tauschten Geschenke aus: Wo´jt 1) L/uczak überreichte mir eine Denkmünze (Durchmesser 7 cm) zum 775jährigen des Raumes, dessen Geschichte auch in meinem Buch "Damerau" behandelt ist. Er erhielt das Buch mit Widmung, außerdem die Video-Kassette der Feier vom 4. Mai auf dem Friedhof, und versprach dafür zu sorgen, dass das Band in der ganzen Gemeinde abgespielt bzw. gesehen würde.

[2] Das Fuchs'sche hinter dem Berg finden wir im NO der Dorflage von 1900 (s. "Damerau") nahe der Beister'schen Windmühle. Es ist anzunehmen, dass es schon zu Fuchs' Zeiten als Altensitz genutzt wurde, denn es besitzt nur einen zimmergroßen Stallraum am Hausende.

Wann es in den Besitz der Schöns übergegangen ist, wissen wir nicht. Die Familien waren versippt: "Am 30. April 1870 starb Carl Fuchs, der Kirchenälteste, 43jährig an Typhus. Zurück blieb Amalie geb. Schön, 32 Jahre alt, mit sechs kleinen Kindern" (D. S. 82). Sie hat danach den Deichhauptmann Joh. Wunsch aus Pensau (Thorner Niederung) geheiratet. Dort fanden wir 1996 auch ihr Grab. Amalie Fuchs war die ältere Schwester meines Großvaters Hugo Schön.

Wann das Haus errichtet wurde, kann man nur annehmen, jedenfalls in einer Zeit, als Ziegelmauerwerk kostbar und das Bauernhaus als Lehmpisee noch üblich war. Wir fanden 50-60 cm dicke Außenwände, nur die Einfassungen der Öffnungen aus Mauerziegeln und Teile der Außenschale. Natürlich bestanden die beiden Schornsteine aus ordentlichem Ziegelmauerwerk. Alles weitere war aus gestampftem Lehm erstellt (bei dessen Gewinnung gewöhnlich der Teich im Garten entstand, (D. S. 60) ). Einige Öffnungen waren schon weiter ausgebrochen. Offenbar hatte die Nachbarschaft Ziegelsteine gebraucht.

Das Ober- bzw. Dachgeschoss bestand aus einem Holzfachwerk mit beiderseitiger Schalung, seine Konstruktion bereits von außen erkennbar.

Weniges nur erinnerte an das ehemals idyllische Häuschen mit seinen zierlichen Dachgauben und Giebeln. Nur ein schön verlegter Bodenbelag des Hausflurs aus Terrakottafliesen hatte die Zeiten heil überdauert. Von ihm rissen wir nun eine Fliese heraus und nahmen sie zum Andenken mit.

Den "Teich im Garten" fanden wir 50 m abseits, nun ein zugewachsenes Schilfloch, dabei eine offene Latrine nebst einem Haufen Unrat. - Vor 80 Jahren war das ein hübscher, sauberer Teich gewesen, in dem die große Schön'sche Familie Badefreuden erlebte und in dem wir Kleinen hinter den Kaulquappen hergewesen waren.

Bild Nr. 1: Der alte Schulzenhof (Schön) um 1975.
Im Giebel des Wohnhauses sind 2 Fenster zu erkennen. Hinter dem linken haben 3 Generationen der Familie das Licht der Welt erblickt. 1994 stand es noch. Der Südgiebel des Stalles (links) hat einen Einschuss als Andenken an den deutschen Durchbruch vom Januar 1945. Der Weg im Vordergrund verläuft parallel zur Dorfstraße und ist inzwischen ausgebaut. Die Hofscheune fehlt seit dem Kriege.

Bild Nr. 2: Der Einschuss stand 30 Jahre nach dem Kriege noch offen (Aufnahme von 1975).

Bild Nr. 3: Die Gartenseite des Hauses Schön um 1904: Am herausgestellten Tisch sitzen von rechts: meine Mutter (23), ihre Schwester Hedwig (17) und ihre Freundin Therese Nass vom "Abbau".

Bild Nr. 4: Am 31. Oktober mit meinen polnischen Förderern am Denkmal unseres Friedhofes. Zu meiner Linken steht Jerzy (Georg) Kal/dowski, Museumsdirektor in Kulm, zur Rechten Dr. Z. Raszeja aus Bromberg. Zur Linken von Jörn steht Sofia Kamin´ska/Hanelt aus Damerau, zu seiner Rechten Krystyna, Gattin des Dr. Raszeja.

 

 

 

 

 

[3] Zur Bildertafel "Das Fuchs'sche"

Auf Nr. 2 erkennbar ein gut erhaltenes Haus, wie es sich 1920 darstellte. Es ist dem Westen zugewandt, während die Rückseite zum "Schäfer'schen" zeigt, einem Acker, der zum Gute des Carl Pillasch (am westlichen Dorfende) gehörte.

Bild Nr. 3 zeigt dieselbe Front im Jahre 2000. Das Fachwerk des Ober- bzw. Dachgeschosses ist weitgehend freigelegt, die äußere Verschalung offenbar in den Ofen der Anlieger gelandet. Bild Nr. 1 zeigt das ebenfalls entblößte Fachwerk des Giebels über dem Stall. Der Ausbruch in der Stallwand läßt eine ungewöhnlich dicke Mauer erkennen, wie im vorigen beschrieben. Auf
Nr. 4 und 12 sehen wir das Haus rückseitig, hier das Stall-Ende, wie es heute dasteht. Das Bild Nr. 7 zeigt den Nordgiebel (über dem Wohnteil). Hier ist noch die Verschalung erhalten.

Andrerseits erkennt man, dass am Hause wild herumgebaut worden ist. Hinter dem mittleren Fenster besteht noch die Dachstube. In ihr hat sich ein Penner eingenistet. Hinter dem linken Fenster befindet sich die Abseite, die man auf dem Bild
Nr. 9 von innen sieht, am linken Bildrand der ursprüngliche Eingang zur Dachstube.

Nr. 5 und 8 zeigen den verwüsteten Dachboden, hier den Abschnitt über Küche und Stall.

Am rechten Rand von
Nr. 8 erscheint die Rückwand jener Dachstube. Schwierig war das Foto
Nr. 10 einzuordnen: Unsere liebe Tante Hete am Spinnrad, Bruder Hugo (14) bei den Schularbeiten. Der schwach erkennbare Fliesenboden deutete auf den Hausflur hin, aber Schrank und Tisch in dem schmalen Hausflur? Die Sache klärte sich auf, als wir im kleinen Raum rechts daneben ebenfalls den Fliesenboden fanden. Die Neubürger hatten zu Lasten des Flures ihren Wohnbereich erweitert. Das Bild
Nr. 11 von 1920 ist schon in dem Beitrag vom 07.02.94 "Zwei alte Bilder erzählen Damerauer Geschichte" beschrieben. Bruder Hugo, den wir auf
Nr. 12 bei den Schularbeiten sahen, sitzt hier auf der Gartenbank. Beide Fotos sind im selben Jahr entstanden. Zum Bild
Nr. 13: Mutter zu Besuch bei ihren Eltern auf dem Fuchs'schen. Sie (35), Oma Lischen (68) und Opa Hugo Schön (76) haben auf der Gartenbank Platz genommen. Ein kleiner Schön-Enkel (4) an der Hand des Großvaters. Über ihnen aus dem Fenster der "guten Stube" schaut Mutters Schwester Hedwig Schön (29) spätere Seidler. Sie führt den Eltern den Haushalt und bewohnt den Raum links vom Hausflur. Das Bild müsste 1916 (während des Krieges) entstanden sein, als die Familie Duwe eben von Gr. Krebs (Kr. Marienwerder) nach Damerau umgezogen war, um den Hof Pillasch zu übernehmen. Ich entsinne mich der Ankunft: Fremder Raum, fremde Stimmen, ich gelangte von einem Arm auf einen anderen. Zwei war ich damals.

Bei der Rekonstruktion des Grundrisses hat mir Bruder Fritz (93) beigestanden. 7 Jahre älter ist er und konnte deutlichere Eindrücke aus jener Zeit einbringen. Mitten im Bild
Nr. 11 stehen wir nebeneinander: Der Große mit der Schülermütze ist Fritz (13), der Kleine (zur Seite schauend) bin ich (6). Wir sind die letzten noch Lebenden jener Idylle.

Duwe 20.07.2000




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© 2000   Volker J. Krüger, heim@thorn-www.de
letzte Aktualisierung: 04.09.2004