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250 Jahre Evangelische Kirche Gurske  

Ernst Basedow


Festschrift
zu der am 28. September 1911 stattfindenden
zweihundertfünfzigjährigen Jubelfeier
der evangelischen Kirche in Gurske


Thorn 1911
Verlag von Walter Lambeck


Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text
II.  Das erste Jahrhundert 1661 - 1761.

 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer [23] bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.


Unendlicher Jubel erfüllte Thorn, als am Himmelfahrtstage 1660 von allen Kanzeln herab der zu Oliva geschlossene Friede verkündigt wurde. Feierlich erklang in allen Kirchen das gewaltige "Herr Gott, dich loben wir" und Festlichkeiten aller Art verherrlichten den Tag, an dem dem 60jährigen Ringen der Polen und Schweden [7]ein Ende gemacht wurde. Doch, wohin das Auge blickte, überall Spuren der Verwüstung, niedergebrannte Vorstädte, verwüstete Kirchen, dampfende Schutthaufen und unbebaute Felder.

Die erste Sorge des Rats war daher auf Wiederherstellung der zerstörten Kirchen und Gebäude gerichtet. Auch der Wiederaufbau der Gursker Kirche wurde noch in demselben Jahre vorgenommen und die Arbeiten so beschleunigt, daß sie am 17. Januar 1661, nach anderen Urkunden am Tage der Reinigung Mariä, den 2. Februar, eingeweiht wurde. M. Johannes Neunachbar, Senior der evangelischen Gemeinde zu St. Marien und der heiligen Schrift Professor am Gymnasium zu Thorn, vollzog diese Einweihung in Gegenwart des "hochansehnlichen präsidierenden Herrn Burgermeister Sr. Wohledlen Herrlichkeiten Herrn Antoni Doneppe, als Halter dieses Orts". Er legte seiner Einweihungspredigt das Festevangelium zugrunde, wie es von Lucas im zweiten Kapitel, Vers 22-32 aufgezeichnet ist und sprach von der "Nutzbarkeit der ordentlichen Versammlung und Zusammenkunft in der christlichen Gemeinde und von dem Amt und Gebühr der Lehrer in den christlichen Kirchen". Gleichzeitig nahm er auch die Einführung des neuen Pfarrers Johann Bergdorn vor.

Zunächst fehlte dem Gotteshaus noch fast jede Ausstattung. Nur der Taufstein, aus Kalkstein gearbeitet und mit merkwürdigen Tierornamenten versehen, wahrscheinlich im vierzehnten Jahrhundert verfertigt, und die Kanzel, ein feingliedriges Werk späterer Renaissancekunst aus dem Jahre 1608 zierten das Gotteshaus. Erst 1677 stiftete N. Pritzlau, Bürger-, Kauf- und Handelsmann in Thorn, der Kirche einen würdigen Altar.

Am 2. November 1687 wurde der zierliche Dachreiter auf der Kirche befestigt und in ihm die große Glocke aufgehängt, die am Kranze die Inschrift trägt: "Laudatur dominus in cymbalis bene sonantibus. Regina Kozsin anno 1674". An der einen Seite der Glocke befindet sich ferner eine Kreuzigungsgruppe, auf der anderen die Gestalt der Jungfrau Maria in der Strahlenglorie und darunter das Wort "Thoren".

Im Jahre 1699, am Tage vor Peter und Paul, schlug der Blitz zweimal in die Kirche; der eine traf die Glocke, schmolz sie an, riß große Stücke aus den Sparren, zündete aber nicht; der andere fuhr in die Kirche selbst und traf den Boden zwischen Altar und Taufstein.

Eine weitere Ausschmückung des Kircheninneren erfolgte dann im Jahre 1700. Die Predigerfrau Marianne Prochnau, geb. Pitiskus, welche schon im Jahre 1694 den aus Fachwerk bestehenden Westgiebel der Kirche hatte massiv aufmauern, die Decke der Kirche mit [8]gehobelten Brettern ausschlagen und mit Gemälden aus der biblischen Geschichte alten und neuen Testaments hatte schmücken lassen, schenkte nach Erweiterung des Orgelchores der Kirche eine Orgel. Hierüber berichtet die an der Wand in der Nähe der Orgel hängende Tafel: "Mit Genehmhaltung des Wohledlen, Festen, Hochbenahmten und Hochweisen Herrn George Hübner, ältesten, hoch-verdienten Burgemeisters jetziger Zeit, Königlichem Burggrafens, und Herrn Halters dieser Dorfschaften hat nebst Renovierung dieses Gotteshauses und andern Kirchen-Zierathen dieses Orgelwerk Gott zu Preis und Ehre anfertigen und aufrichten lassen ein Gott und dieser christlichen Gemeinde wohlbekannte Person anno 1700 am Himmelfahrtstage.

Gott woll` über Stadt und Land stets mit seiner Gnade walten
Und den Herrn Halter noch lange im Wohlergehn erhalten."

Marianne Prochnau ließ dann auch in demselben Jahr das Chor rechts vom Altar errichten.

Unter den vielen Zuwendungen, die aus Stadt und Land der Kirche gemacht wurden, ist noch besonders hervorzuheben das kunstvolle, aus Schmiedeeisen in Rokokoform ausgeführte, mit vergoldeten Blättern und Blumen geschmückte Gitter zu den Seiten der Altarstufen. Jacob Wolf, der Schreiber in Przysiek, hatte es von dem Thorner Meister Zapplau für hundert Fl. anfertigen lassen.

Im September 1705 brannte das Pfarrhaus nieder, zu dessen Wiederaufbau im Jahre 1706 die Pfarrortschaften herangezogen wurden.

Zur Pfarre gehörten damals 9 1/2 Morgen Garten, Wiese und Acker. Zur Ordnung der kirchlichen Verhältnisse hatte der Rat von Thorn schon am 26. August 1615 eine Kirchenordnung erlassen, die hauptsächlich das Begräb-niswesen regelte. Doch drohte sie auch eine Strafe von 20 Groschen dem Nachbarn von Gurske und Alt-Thorn an, der sich etwa weigerte, an Sonn- und Feiertagen persönlich an der Kirche zu stehen und Almosen einzusammeln. Das Kirchengeld, das im Klingelbeutel oder in Schalen einkam, wurde in einem "Kirchenklotz" aufbewahrt und dem Halter der Dorfschaften zu Johanni vorgelegt.

Während die Niederung, abgesehen von Ueberschwemmungen und Durchmärschen von sächsischen Truppen, vor Verwüstungen und Kriegsnöten bewahrt blieb, tobte in Thorn der Kampf zwischen den Evangelischen und den Jesuiten, der damit endete, daß auf Beschluß der Untersuchungskommission der Königliche Burggraf und regierende Bürgermeister Gerhard Thomas seines Amtes entsetzt, der Senior Geret des Landes verwiesen, die Marienkirche den Bernhardiner Mönchen eingeräumt und der ehrwürdige .....Bürgermeister [9]Rösner nebst neun anderen Verurteilten am 7. Dezember 1724 hingerichtet wurde. Gerhard Thomas hatte diese furchtbare zeit seines Lebens nicht lange überlebt; er ist aber seinem evangelischen Glauben treu geblieben und hat ihn auch dadurch bewiesen, daß er der hiesigen Kirche einen kunstvollen, holzgeschnitzten Altarumbau in seinem Testamente stiftete. "Am 22. May 1727", so berichtet der damalige Pfarrer, "ist dem dreieinigen Gott zu Ehren, dieser Kirche zur Zierde, der christlichen Gemeinde zur Andacht, der von Ihro hochedlen Herrn Gerhard Thomas, ältesten Bürgermeister, ein auch höchst mertierten Herrn, dieser Dorfschaft bey seinem Ende legierte und gestiftete Altar aufgerichtet worden und an dem glorwürdigen Himmelfahrtsfeste unseres Jesu durch den Pastor an diesem Orte mit einer solenen Predigt, Vokal- und Instrumental-Musik eingeweiht worden in Gegenwart vom hochedlen und hochweisen Herrn Jacob Meisnern, regierendem Bürgermeister unserer Stadt, wie auch Ihro hochgeb. Herrn Theodoro Schönwalt, Herrn Simon Weiß, Rathmänner und anderen fürnehmen Männern und sehr und überreichen Versammlung aus der Stadt".

Der alte Altar wurde auf Beschluß des Rats in der vor der Stadt gelegenen Katharinenkirche aufgestellt, in der die altstädtische evangelische Gemeinde bis zum Jahre 1756 ihre Gottesdienste abhielt.

1738 wurde die kleine der beiden Glocken aufgehängt; sie ist auf der einen Seite mit dem Bilde der heiligen Katharina, auf der andern mit der Himmelfahrt Mariä geschmückt. Unter dem letzteren Bilde steht "Thoruny anna 1738".


 
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© 2000  Volker J. Krüger, heim@thorn-wpr.de
letzte Aktualisierung: 18.12.2004