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Jacob Heinrich Zernecke.


Thornische Chronica

in welcher die Geschichte dieser Stadt zusammen getragen worden.

Berlin, MDCCXXVII.


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Vor-Bericht aus der erstern Auflage.

 

Die Zahl in blauer eckiger Klammer [23] bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original.

[...]
DAß die Pest-Zeiten denen Gebährenden sehr gefährlich, auch der Geburt zum öfftern ziemlich nachtheilig seyn, solches lehret die Erfahrung, und bezeugens sattsam diejenigen, welche ein curiöses Auge darauff geleget haben. Wann nun diese gegenwärtige Geburt (wie denn die Schrifften von denen Gelehrten Gemüths-Kinder (a) pflegen genennet zu werden) eben zu solcher betrübten und gefährlichen Zeit concipiret, befördert, und auch völlig ans Tages-Licht gebracht worden, (b) so erröthe billig selbige in die Anzahl der Vollkommenen zu setzen, zumahlen mir selbst bewust, und […] es aus Mangel mehrern Urkunden, hingegen beym grossen Uberfluß der fast allenthalben hier regierenden missgunst, Jalousie, & c. wohl bemercke, was ihr annoch ermangele, und zu ihrer Vollkommenheit dienlich, ja nöthig wäre; Es hat aber mit uns geheissen: Man muß sich strecken nach der Decken, und gehen so weit man kan.

Doch, wann ich auch spreche, dass es zum Theil eine dergleichen Geburt sey, in welcher noch eine andere stecke, (c) so möchte nicht irren; Denn wahrlich die in diesem Tractat kurtz abgefassete Erzehlungen, nicht minder die per Compendium berührte Lebens-Läuffe, derer in und umb diese Stadt sich wohl verdient-gemachten Männer, sind ein solcher Foetus, alio quasi foetu impraegnatus, eine Frucht, darinnen eine andere vorhanden; (d) Massen es vielleicht geschicktern und […] geübtern Sinnen, bey denen etwa mehrere Documenta privata, nachdem publica die Schwedische Bombardirungs-Flammen mehrentheils verzehret, vorhanden, Anlaß geben dürffte, der Sachen besser nachzudencken, selbte mit grösserem Fleisse auszuarbeiten, und hierinnen etwas vollkommners mit der Zeit zu lieffern, wozu denn hiemit einige Anleitung gegeben zu haben mir höchst gratuliren wollte. Ich gestehe dabey gar gern, dass die Liebe zu meiner werthen Vater-Stadt mich ungemein starck dahin vermocht, die Alterthümer und merckwürdige Begebenheiten derselben auffzusuchen, und zu erfahren: wie ich's denn vor ein ungeräumt Ding achten muß, mit grosser Begierde forschen, was in Rom, zu Athen, in Indien, und an andern weit entlegenen Orten vorgegangen, und noch vorgehe; dagegen aber in Sachen, seinen Vater-Ort betreffende, unbekümmert, unwissend, und gleichsam ein Kind und Frembdling seyn, solchen neugierigen Frauen nicht ungleich, welche die Wirthschafften ihrer Nachbarinnen gar genau und sorgfältig erforschen, und farüber der Ihrigen gantz vergessen. Doch aber hat meine Intention gar nicht seyn können, eine vollkommene Thornische Chronicke, oder auch nur einen volligen Kern davon, obgleich dem Hn. Verleger zum Behuff gegenwärtiges Wercklein also intituliret, zu stellen, denn Dieses nach dem unglückseligen Brande vorzugeben, eine grosse Vermessenheit, und Jenes zu behau[…]pten eine unzeitige Pralerey wäre. Mein eigentliches Absehen gehet nur dahin, sorgfältig und müglichster massen dasjenige auffzusammlen, und zu conserviren, was, als ein Uberbleibsel von Historischen Nachrichten, annoch kümmerlich gefunden wird, und dann ferner dasjenige denen, die mich darumb ersuchet haben, wohlmeynig zu communiciren, was ihnen zu wissen dienlich, mir aber zu schreiben nicht nachtheilig gewesen, ja welches auch sonst mit der Zeit besorglich gar umbkommen, und sich verliehren möchte. Dieses alles aber umb desto viel williger und billiger, weil dergleichen ordentliche compendiöse, und (wie wir hoffen wollen) vortheilfaffte Historische Vorstellung von der guten Stadt Thorn, nie ans Tages-Licht kommen ist. Daß auch fast bey allen Paragraphis die Fontes angedeutet, wird verhoffentlich nicht unangenehm seyn, vielmehr zu einer erbaulichen Nachschlagung und Erörterung denenjenigen, die sie etwa auch besitzen, dienen: So werden gleichfalls die allegirte MScta alles Misstrauen benehmen, weil selbige annoch in Originali vorhanden, und von glaubwürdigen und berühmten Männern dieser Stadt, welche die beste und sicherste Wissenschafft hierinnen haben können, verfasset sind, davon die vornehmste hiemit anzeige, nemlich die gelehrte Excerpta Recessualia des berühmten Doct. Greger Hesens, ehmaligen Stadt-Syndici, mit der accuraten Continuation des hoch-verdienten Burgermeisters Simon Schultzens, dann die curiöse […] Anmerckungen dreyer wohl-ansehnlichen Rathmänner, Conrad Möllers, Michael Hertzogs, und Jacob Streuwigs, nicht minder der hoch belobten Burgermeistere Heinrich Strobands des Letztern, Anton Donepens, Johann Austeins und Johann Baumgartens denckwürdige Memoranda: Ferner die bewehrete Observationes des hochgelahrten Doct. Simon Schultzens, hiesigen Stadt-Physici; Dann unsers Ruhm-würdigen Senioris EPHRAIM PRAETORII mühsam-colligierte Presbyterologie von Thorn, etc. Solten dabey einige gering-scheinende Materien mit unterlauffen, so wird wohl selbst ein jeder sich vernünfftig begreiffen können, auch aus Erfahrung diese erlernet haben, dass hunderterley Speisen zum -jedermänniglichen Geschmacknie können zubereitetb werden, wie ich es denn auch bey Ausfertigung dieser Blätter in der That allbereit erfahren, dass je zuweilen ein guter Freund dieses und jenes mit einzurucken auffs höchste mir recommendiret, welches ein andrer, der des ersten Proffession nicht zugethan gewesen, vor was schlechtes geschätzet hat. Und wer kann allen in allem völliges Genüge leisten? Gewiß dürfften wohl bey fast einer jeden Geschichte einige merckwürdige Umbstände sich befinden, welche mich bewogen haben, solche einem Liebhaber derselbigen nicht unentdecket zu lassen; Wobey mich mit Grund der Wahrheit, ohne alle Ruhmredigkeit, folgender unsers beliebten Hn. Senioris Worte gebrau[…]chen muß: (e) Daß ein Werck dieser Arth, so klein (und gering) es auch scheinen mag, mit so ungemein grosser Arbeit, Nachforschen, Kopff-brechen, und Nachsinnen verknüpffet sey, dass es unmöglich derjenige ihm recht einbilden kann, der an dergleichen nie Hand angeleget, noch es wircklich versuchet hat. Gewiß dergleichen Historisches Verzeichniß ist nicht so leicht auffgesetzet, als leicht mans hernach mit den Augen überläufft, nach dem die grosse Klötze und Steine aus dem Wege geräumet sind, über welche man nicht wenig hat schwitzen müssen, ehe man sie aus dem Wege bekommen, die man hernach nicht einmahl gewahr wird, dass sie da gelegen haben. Unsere liebe Vorfahren in den alten Zeiten haben (welches zu beklagen) conservationem Historiae Patriae, memoriaeque Virorum benemeritorum gar nachlässig tractiret, und fast nichts desfalls auffgezeichnet hinterlassen; Und was noch endlich zufinden ist, stecket in einigen, zufälliger Weise, und gar nicht zu solchem Historischen Zweck auffgesetzten Schrifften, ja lieget darinnen so verstecket, und hin und her zerstreuet, dass es anders nicht, als gantz mühsam […] heraus gesuchet, und zusammen gebracht werden mag. Etc.

Und dieses ist der kurtze Vorbericht gegenwärtigen Werckleins, so ich hiemit, Wohlgesinneter Leser, zu dessen Nutzen wohlmeynend überreiche, in Hoffnung, dass Selbter es geneigt auffnehmen, alle daselbst eingeschlichene Fehler im besten vermercken, mit Dero Leutseligkeit sie ersetzen, oder auch mir geneigt communiciren, und zur willigen Verbesserung überlassen werde, welches mich umb destom mehr verbündlich und willig machen soll, auch mit dem annoch versprochenen ehestens auffzuwarten. Gegeben in Thorn, im ersten Monath des 1711ten Jahres.

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(a)  Jac. Thomasius de Plagio literario §. 80. in notis D. Augustus Pfeiffer in Dedicat. seiner gerechten Sachen wider D. Spenern p.5.

(b)  Juxta tria partus tempora secundum JCtos, Conceptionis nimirum, gestationis, & nativitatis. Vid. Nobiliss. Joach. Hoppii Corament. in Institut. Justin. Lib. 1. Tit. 4. p.m. 52.

(c)  De ovo pregnante. Vid. Nova Lit.. Maris Balth. Anno 1699. p. 29. seq. Ephem. Nat. Curios. Anno 1. Observ. 36. De lapidibus, item Gemmis in gemmis, ibid. Ao. III. Observ. 32. Mulam alia mula gravidam fuisse refert Caspar. De Rejes in Camois Elyf. Quaest. 36. n. 28. aliique.

(d)  Hr. George Serpilius in Epitaphiis Theologor. Svevens. In der Vorrede erzehlet, daß0 Anno 1672 sich zu Betzgendorff, nicht weitvon Naumburg zugetragen, dass von einer Müllerin eine feine allerdings gesunde Tochter gebohren worden, nur dass der Leib unnatürlich dick war: Acht Tage darauff wird das Kind mit grossen Wehtagen überfallen, und gebiehret ordentlicher Weise ein artiges vollständiges Töchterlein, in der Länge des Mittel-Fingers, welches auch getauffet worden, aber bald verschieden ist. Conf. Christ.Franc. Paullini. Zeit-kürtzende erbauliche Lust, Part. I. Obs.7. Nova Lit. M. B. l. c. p. 31.

(e)  Ephr. Praetorius in der Vorrede des Dantziger-Lehrer Gedächtnisses, Edit. 1704. 8.


 
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letzte Aktualisierung: 02.09.2004