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Rathausturm mit Copernicusdenkmal
Beyträge zur

Geschichte der Stadt Thorn

aus guten und zuverlässigen Quellen
gesammlet von

George Gottlieb Dittmann
Es. Ehrw. Ministeriums Candidat und öffentlicher Lehrer an der
Neustädtischen Schule in Thorn.

_________________
1789.
Diese Seite ist ein Dokument mit einem Kapitel Text

Abhandlung von dem
Zustande des Christenthums in Preußen, besonders der
Kirchen und Schulen in der preußischen Stadt, Thorn,
in ältern und neuern Zeiten.


 
§. 6.
Vorbereitungen zur Reformation in Preußen.

Die Zahl in blauer eckiger Klammer, z.B.: [23], bezeichnet in diesem Dokument immer den jeweiligen Seitenanfang im Original. [IX]

Vorbereitungen zu bessern Zeiten, waren schon, mit dem Ende des 14ten Jahrhunderts, auch in Preußen, durch die hieselbst angekommene Waldenser, gemacht worden. Ums Jahr 1390 kam ein gewisser Leander, aus Frankreich, nach Preußen, den der Hochmeister, Conrad von Wallenrod, sehr gewogen aufnahm, und sich oft mit ihm von Religionssachen unterredete. Ueber diesen Mann entstand viel Mißvergnügen, und man wollte ihn durchaus wegschaffen, weil er schon, seiner Lehrsätze wegen, aus Frankreich sollte seyn verjagt wor[X]den. Der Hochmeister hielt dies dem Leander für, worauf dieser bath, man möchte ihn in einer so wichtigen Sache doch nicht unverhört verdammen, verlangte daher, daß ein Synodus angestellt würde, wo er öffentlich mit den Mönchen disputiren könnte. Es wurde also beschlossen, daß eine Unterredung mit den Mönchen und ihm, zu Marienwerder, sollte veranstaltet werden, bey welcher Leander seine Lehrsätze, entweder recht vertheidigen, oder widerrufen sollte. Leander ging dieses ein, reißte hin, hatte aber das traurige Schicksal, daß er von seinem Fuhrmann, bey der Marienwerderschen Ziegel-Scheune, in eine tiefe Leimgrube geführt wurde, und, weil keine Hülfe da war, ersaufen mußte r). Die Mönche, die beym Wallenrod nichts wider den Leander und seine Anhänger, ausrichten konnten, verläumdeten ihn, nach seinem Tode, auf die entsetzlichste Weise.

Ums Jahr 1414 ereigneten sich, unter dem Adel, viele Uneinigkeiten, wozu die verschiedene Denkart in der Religion nicht wenig beytrug. Die Königlichen Polnischen Gesandten brachten auch viele Klagen über die Kreutzherren an das damals eben angegangene Costnitzer Concilium. Einen Auszug dieser Beschwerden hat der Verfasser der Preußischen Sammlung aus des Herrmanns von der Hardt Acten dieses Conciliums geliefert s). Nichtweniger fieng die Geistlichkeit schon hin und wieder an in ihren bißherigen Meinungen zu wanken. Hin und wieder verließen die Mönche ihre Zellen und heyratheten mit Genehmhaltung des Hochmeisters, Heinrichs von Plauen, der selbst auch schon ganz andere Gesinnungen von der Religion hatte. Nach des Leanders Tode haben die Preußischen Bischöfe mit den Ordensbrüdern, die es nicht mit den Waldensern hielten, einen Synodum gehalten, und die Waldenser verdammt. Ja die Wuth ihrer Feinde gegen sie ging so weit, daß sie die Todten ausgraben und [XI] auf die freyen Felder hinwerfen ließen. Leander, und sein Beschützer, Wallenrod, waren nun zwar todt, und ihr Anhang wurde ausgerottet, aber nachher kamen die Anhänger des Wiklefs, und Hussens dazu, und verstärkten sich immer mehr und mehr. Vorzüglich florirten sie zu den Zeiten des Hochmeisters, Paul von Rußdorff. Unter andern ist 1431 hier in Thorn einer gewesen, mit Namen D. Andreas Pfaffendorff, ein Schüler des Hieronymus von Prag t). Dieser trug in der Johannis-Kirche die Lehrsätze seines Lehrers dem Volke öffentlich vor, bekam dabey einen so großen Anhang, daß die Mönche, in der Neustädtschen Nikolaus-Kirche, die sich ihm widersetzten, weggejagt wurden. Der Compthur zu Thorn vertheidigte den Pfaffendorff, weil er ein Ordenspriester war, wider die Mönche, die sich nachhero an ihm rächen wollten. Sie wurden zwar wieder angenommen, mußten aber schwören, daß sie dem Pfaffendorff in nichts hinderlich seyn würden. Er bekam nachhero von dem Ordensmeister, Paul von Rußdorff, Freyheits-Briefe, seine Lehre auszubreiten, wo er nur wollte. Er ging in der Folge nach Danzig, und da er wieder nach Thorn zurückgehen wollte, ist er unterweges gestorben. Seinetwegen war 1415 und 1416 ein großer Aufruhr in Danzig entstanden, bey welchem der Burgemeister, Gert von der Beke, bald ums Leben gekommen wäre, indem schon Meuchelmörder auf ihn bestellt waren. Ausfürlichere Nachricht von diesem Umstande giebt Schütz u). Achtzehen von den Aufwieglern wurden nachhero mit dem Schwerdte gerichtet und 40 auf ewig aus dem Lande verwiesen.

In diesem Zustande waren die Kirchen in Preußen vor dem großen 13jährigen Kriege v) dieser Lande, der von 1454 biß 1467, zwischen Polen und dem Orden geführt wurde. Nachher findet man [XII] nicht, daß gedachte Lehren weiter ausgebreitet worden wären. Es haben zwar die Polen ein großes Kriegesheer von Hußiten ins Land wider den Orden geführet, weil aber diese sehr grausam hier hauseten, erbitterten sie die Gemüther der Preußen vollends wider sich. Was die Ausbreitung ihrer Lehre am meisten verhindern mußte, waren die angestellten Verfolgungen, die über sie ergingen, und selbst hier wurde damals Fr. Nicolaus Gruneb. zum Inquisitor Thorunensis wider sie bestellt. Bey diesen elenden Umständen dürfen wir uns nicht wundern, wenn sich hier bald in der Folge Leute fanden, die sich nach etwas besserm sehnten, und so Luthers Lehre bald Beyfall gaben, als dieselbe im 16ten Saeculo auch hier bekannt wurde.


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  • Seite X:
  •     r) Siehe den Henneberger, S.310, ingleichen das erleuterte Preußen, Tom. I. 5.Stück.
       s)Tom. I. Stück 4.
  • Seite XI:
  •    t)Siehe Hartknochs Preußische Kirchenhistorie, Ites Buch, 5tes Capitel, S.252.
       u)in seiner Chronike, im 3ten Buch, S.110.
       v)M. Dionysius Runaw, ein Dirschauscher Prediger, hat diesen 13jährigen Krieg beschrieben.

       
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    §. 5. Innere damalige Beschaffenheit des Christenthums an diesen Oertern.
    §. 7. Anfang der Reformation im Lehn Preußen.
     

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    © 2000   Volker J. Krueger, heim@thorn-wpr.de
    letzte Aktualisierung: 13.03.2004